Media Analyse: Ist die DAB+-Nutzung tatsächlich rückläufig?
Seit Jahren setzt sich die Politik dafür ein, den Verbreitungsweg DAB+ beim Radio endlich nach vorn zu treiben, damit UKW abgelöst werden kann. Die bisher schärfste Maßnahme war eine DAB+-Pflicht bei Audio-Systemen in Neuwagen und allen Heimgeräten, die über eine RDS-Funktion besitzen, also den Sendernamen anzeigen können.
Ungeachtet all dieser Maßnahmen soll die Nutzung von DAB+ in Deutschland jedoch laut der aktuellen Media Analyse (ma Audio) erstmals zurückgehen - von 15,1 Prozent in der vorigen Auswertung bei der Tagesreichweite auf jetzt nur noch 14,4 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Dämpfer für die Politik
Wie hören die Deutschen Radio?
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Es wäre ein fatales Signal und geradezu ein Dämpfer für alle Bemühungen aus der Politik. Es ist nicht nur so, dass die Radionutzung in Deutschland immer noch für die große Anzahl der Deutschen klassisch über UKW stattfindet. Laut ma Audio steigt auch Online-Audio von zuvor 9,7 auf jetzt 10,8 Prozent. Offenbar hören also immer mehr Deutsche Radio über diverse Wege im Internet wie WLAN-Radios, Smart Speaker oder per Smartphone-Apps.
Dabei liegen die Vorteile für DAB+ auf der Hand: Radioempfang ohne Datenverbrauch, rauschfreier Empfang und deutlich mehr Sender. Vor allem mobil ist DAB+ weit weniger empfindlich für Störungen, und die Netze werden noch immer massiv ausgebaut.
Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen
Die Aussagen der Gesellschaft ag.ma, wonach die Nutzung von DAB+ in Deutschland rückläufig sein soll, sind aber dennoch mit Vorsicht zu genießen. Sie stehen im Widerspruch zu anderen Statistiken wie dem Digitalisierungsbericht Audio (Audio Trends 2023) der Landesmedienanstalten. Hiernach verfügen inzwischen 33 Prozent der Deutschen über mindestens ein DAB+-Radio im Haushalt. Auch die Nutzung steigt kontinuierlich an, wenn auch langsam.
Für 13 Prozent der Deutschen ist DAB+ die meistgenutzte Empfangsart beim Radiohören. Hierbei sollte man aber bedenken, dass auch die Passiv-Nutzung eine große Rolle spielt. Selbst für den größtmöglichen DAB+-Fan wäre UKW weiter der meistgenutzte Weg zum Radiohören, wenn etwa am Arbeitsplatz noch kein Digitalempfang vorhanden ist.
Immer mehr hybride Radios
Möglicherweise wissen heutzutage aber viele gar nicht mehr, über welchen Weg sie Radio hören und machen daher falsche Angaben. Wer heute einen neuen Wagen oder neue Radios kauft, hat DAB+ in der Regel eingebaut und nutzt zumeist auch DAB+. Oft geschieht das ohne aktives Wissen, etwa in Fahrzeugen, wo man teils gemeinsame Senderlisten zusammen mit UKW-Stationen hat und der Laie gar nicht mehr erkennt, ob der Sender über UKW oder DAB+ gehört wird - beziehungsweise die Radios sogar aktiv den Verbreitungsweg wechseln, je nachdem, ob das gehörte Programm besser über UKW oder DAB+ ankommt.
Die Zahl der DAB+-Hörer könnte also doch höher sein, als die Statistik es besagt. Es wäre ja auch geradezu absurd, wenn zahlreiche Radioprogramme, die vorrangig digital über DAB+ verbreitet werden, in der ma Audio zugelegt haben, aber die Nutzung von DAB+ angeblich zurückgehen soll.